Inhalt
1. Einleitung
2. Klimaschutzziele in der Schifffahrt
3. Der Beitrag von LNG zur Emissionsreduzierung in der Schifffahrt: Verbesserung von Luftqualität und Klimaschutz
4. Klimaneutrale Treibstoffe
5. Fördermaßnahmen
6. Zusammenfassung/Schlussbemerkung
7. Quellennnachweise
8. Über die Maritime LNG Plattform
1. Einleitung
Anlässlich der aktuellen Intensivierung der Klimaschutzdiskussion in Politik und Gesellschaft auf nationaler und internationaler Ebene, gerade auch für den Mobilitätssektor, ist die Schifffahrt gefordert, ihren Beitrag zur globalen Senkung der Treibhausgasemissionen zu leisten. Die Seeschifffahrt emittiert 2,2 % der globalen CO2-Emissionen, die voraussichtlich bis 2030 zwischen 14 und 25 % ansteigen werden, bis 2050 zwischen 50 und 250 %, wenn nicht rasch gegengesteuert wird, so die Studie der IMO (International Maritime Organization, 2015) zu den Treibhausgas (THG)-Emissionen der globalen Schifffahrt.
Wurde in der Vergangenheit die Diskussion zunehmend um den Straßenverkehr geführt, rücken nun alle Verkehrsträger in den Fokus einer zunehmend engagierten und kritischen Öffentlichkeit, die klare Antworten und Verpflichtungen verlangt. Es ist nun an der Schifffahrt, Flagge zu zeigen und zu demonstrieren, wie sie zu den globalen Verpflichtungen beitragen und die eigenen Klimaschutzziele erreichen wird.
Dieses Papier wird den Beitrag von (fossilem) LNG zur Erreichung der globalen Klimaschutzziele in der Schifffahrt aufzeigen um klarzustellen, welche Rolle es bei der Maritimen Energiewende haben kann. Gleichzeitig wird verdeutlicht, dass LNG nur ein Teil der Lösung sein kann und die Hauptvorteile des LNG in der massiven Reduzierung von Luftschadstoffemissionen (Stickoxide, Schwefeloxide, Feinstaub) liegen. Hier sollte der Schwerpunkt der LNG-Diskussion im maritimen Sektor liegen.
2. Klimaschutzziele der Schifffahrt
Auch die Schifffahrt (Binnen- und Seeschifffahrt) wie alle Verkehrsträger wird in der Zukunft keine fossilen Kraftstoffe mehr verwenden. Heute schon beginnt der Umstieg auf klimaneutrale Kraftstoffe.
Die Binnenschifffahrt fällt unter den Klimaschutzplan der Bundesregierung, der als Ziel die Reduzierung von Treibhausgasen von 80–95 % bis 2050 im Vergleich zu 1990 ausgibt – dann muss die Binnenschifffahrt klimaneutral sein.
Die für die Seeschifffahrt zuständige IMO hat in ihrer „Initial IMO Strategy on reduction of GHG emissions from ships“) erklärt, dass die THG-Emissionen so schnell wie möglich in diesem Jahrhundert auf null reduziert werden sollen: So sollen 50 % der THG-Emissionen bis 2050 eingespart werden. Hierbei betont die IMO, dass der Verlauf der THG-Emissionen im Einklang mit den Zielen des Pariser Klimaschutzabkommens stehen soll. Im Annex VI MARPOL (International Convention for the Prevention of Marine Pollution) sind bereits eine Reihe von verpflichtenden Energieeffizienzmaßnahmen vorgeschrieben, die zur Reduzierung von THG-Emissionen beitragen sollen.
3. Der Beitrag von LNG zur Emissionsreduzierung in der Schifffahrt: Verbesserung von Luftqualität und Klimaschutz
LNG ist ein sauberer Kraftstoff für Schiffe, da er im Vergleich zu ölbasierten Kraftstoffen – vor allem im Vergleich zum außerhalb der Emissionsschutzgebiete genutzten Schweröl (HFO, Heavy Fuel Oil) – zu einer massiven Verminderung der lokalen Luftverschmutzung führt.
Das Reduktionspotential von LNG ist erheblich: So werden Schwefeloxide (SOx) und Feinstaub bis zu bzw. zu 100 %, Stickoxide bis zu 80 % reduziert. Dies führt zu einer signifikanten Verbesserung der lokalen Luftqualität in Hafen- und Küstenstädten sowie in küstennahen Regionen und entlang der Binnenwasserstraßen.
Gleichfalls gilt es festzuhalten, dass der Hauptbestanteil von fossilem LNG Methan (CH4) ist, das klimaschädlicher als CO2 ist, wenn es unverbrannt in die Atmosphäre gelangt. Dieser sogenannte Methanschlupf (Methan-Entweichung) kann entlang der gesamten maritimen LNG-Versorgungskette, d. h. Förderung, Verflüssigung, Transport und im Schiffsbetrieb auftreten.
Jeder einzelne Schritt der maritimen LNG-Versorgungskette ist ein Faktor für die Quantifizierung des Methanschlupfs: der Förderort, Innovationsgrad der Verflüssigungsanlage ist, Transportart und -weg, Motorenart (Zwei- oder Viertakter, Dual Fuel oder reiner LNG-Schiffsmotor).
Dies bedeutet, dass verallgemeinerbare Aussagen über das Ausmaß des Methanschlupfs und damit über das Einsparpotential von THG-Emissionen bei der Verwendung von fossilem LNG nicht möglich sind. Vielmehr müssen alle oben genannte Faktoren in Betracht gezogen werden, um aussagekräftige und belastbare Bewertungen vornehmen zu können.
Eine Reihe von Studien hat das CO2-Einsparpotential von fossilem LNG mit Hilfe von verschiedenen Grundannahmen analysiert: Madrid Forum (2019), The Natural & bio Gas Vehicle Association (NGVA Europe) (2017), CE Delft et al. (2013), Ricardo et al. (2013) – siehe Quellenverzeichnis für genaue Quellenangaben.
Die Studien kommen zu dem Schluss, dass geringere THG-Emissionen durch die Nutzung von LNG als Schiffstreibstoff im Vergleich zu dem überwiegend auf den Weltmeeren genutzten Schweröl möglich sind. Abhängig von den Grundannahmen der Studien, z. B. zum Methanschlupf in der vormotorischen Versorgungskette, zum motorischen Methanschlupf und zur Größe des Schiffs bzw. der Ladung, fallen die Einsparungen unterschiedlich groß aus: Diese reichen bis zu 20 %.
Der Gassektor insgesamt trägt 0,6 % zu den THG-Emissionen der EU, die vor allem bei der Förderung und dem Transport des Gases entstehen. In einem kürzlich vorgelegten Report (Juni 2019) benennt die europäische Gasindustrie den aktuellen Status der Initiativen, um die THG-Emissionen des Sektors zu erfassen und zu vermindern. Zudem werden eine Reihe von Vorschlägen für zukünftige Maßnahmen gemacht, die vor allem darauf abzielen, die Identifizierung der Quellen, die Quantifizierung, das Monitoring und das Reporting zu verbessern sowie durch Harmonisierung von Quantifizierung und Report die Transparenz und Vergleichbarkeit in der EU zu verbessern.
Gleichzeitig arbeiten die Hersteller von Schiffsmotoren laufend daran, ihre Schiffsmotoren für die Nutzung des Treibstoffs LNG zu optimieren und den Methanschlupf motorischen Ursprungs entsprechend zu minimieren.
LNG, auch fossilen Ursprungs, verursacht geringere THG-Emissionen als herkömmliche, ölbasierte Schiffstreibstoffe, inkl. Marinediesel, und leistet demnach einen Beitrag zur Erreichung der Klimaschutzziele und damit zum globalen Klimaschutz. Die Wahl des Schiffstreibstoffs stellt dabei eine Maßnahme dar. Weitere Maßnahmen, z. B. zur Verbesserung der Energieeffizienz oder die Verringerung der Fahrgeschwindigkeit, führen zu einer weiteren Verbesserung der Klimabilanz der Schifffahrt. Gleichzeitig arbeiten LNG-Lieferanten und Motorenhersteller laufend daran, Methanschlupf zu adressieren. Gerade im innermotorischen Bereich sind große Erfolge erzielt worden.
LNG ist damit ein berechtigter Teil der aktuellen Klimaschutzdiskussion in der Schifffahrt: Der Schiffsantrieb mit LNG ist als Brückentechnologie ein wichtiger Bestandteil einer ambitionierten Klimaschutzpolitik in der Schifffahrt und damit einer Politik, die die Umsetzung der Ziele des Pariser Klimaschutzabkommens anstrebt.
Gleichwohl darf die aktuellen Diskussion nicht den Blick dafür verlieren, was den größten Vorteil von LNG darstellt: die massive Reduzierung von Luftschadstoffen und damit die erhebliche Verbesserung von Luftqualität für die Menschen in Hafen- und Küstenstädten, in Küstenregionen und entlang der großen Binnenwasserstraßen.
4. Klimaneutrales LNG/Klimaneutrale Schiffstreibstoffe
LNG kann auch CO2- und damit klimaneutral hergestellt werden: Zum einen kann LNG auf der Basis von Bio-Masse, zum anderen auf der Basis von erneuerbarem Strom mit Hilfe der Power-to-X-(hier: Power-to-LNG-)Technologie als synthetisches LNG hergestellt werden. Kurzfristig und in kleineren Mengen ist die Nutzung von Bio-LNG vorstellbar, wie dies schon in Skandinavien vorangetrieben wird. Langfristig stellt die Produktion von klimaneutraleM LNG mit Hilfe der Power-to-X-Technologie eine bedeutende Zukunftsperspektive dar, da so die für die Bebunkerung des Großteils der globalen Schiffsflotte benötigten Bunkermengen bereitgestellt werden können.
So könnten die regelmäßig produzierten Überschussmengen an Windstrom aus Offshore-Windkraftanlagen durch die Power-to-X-Technologie in Bio-Methan umgewandelt werden, um dann zu regenerativem LNG verflüssigt zu werden. Erste Testanlagen gibt es bereits in Deutschland, so die Audi-Anlage im niedersächsischen Werlte, weitere sind geplant.
Für kleinere Fähren, die auf kürzeren Strecken fahren, ist ein Batteriebetrieb möglich. Dies ist allerdings keine Lösung für Containerschiffe, die den Hauptteil der Schifffahrt ausmachen. Der Antrieb mit Wasserstoff und die entsprechende Wasserstofflogistik, die noch aufgebaut werden muss, ist auf absehbare Zeit wirtschaftlich nicht darstellbar.
So wird derzeit im schottischen Glasgow die erste wasserstoffbetriebene Hochseefähre mit Brennstoffzelle für den Personen- und Fahrzeugtransport entwickelt, die ab 2021 im Pendelverkehr zwischen den schottischen Inseln Orkney und Shapinsay im Einsatz sein soll. Auch in Norwegen werden batteriebetriebene Fähren vermehrt eingesetzt.
5. Maßnahmen
- Der Methanschlupf in der gesamten maritimen Versorgungskette sollte laufend adressiert und minimiert werden, und zwar durch LNG-Lieferanten und Schiffsmotorenhersteller. Die bereits bestehenden Initiativen und Maßnahmen sollen intensiviert werden.
- Angesichts der stark variierenden Klimabilanz von fossilem LNG aufgrund von Ursprung, Herstellung und Transport sollte die Einführung einer Zertifizierung von fossilem LNG zwecks Herstellung von Transparenz geprüft werden. Die bereits im Madrid-Report geforderte Harmonisierung von Monitoring und Reporting ist ein erster wichtiger Schritt in diese Richtung. Entsprechend sollte von den Gasverbänden ein Zertifizierungssystem entwickelt werden. Diese Maßnahme sollte vom Sektor selbst vorangetrieben werden, um dann von der EU eingeführt zu werden.
- Die gesetzlichen Rahmenbedingungen für klimaneutrales LNG auf Basis von erneuerbarem Strom sind zu verbessern: Die Befreiung von der EEG-Umlage ist ein entscheidender Schritt.
- Mit weiteren Studien sollten die Vorteile von erneuerbarem LNG untersucht werden.
6. Zusammenfassung
Angesichts ambitionierter Klimaschutzziele für den Verkehrssektor ist auch die Schifffahrt nun angehalten, die maritime Energiewende zügig und konsequent einzuleiten und umzusetzen. Wie für die anderen Verkehrsträger so ist es nun auch an der Schifffahrt, ihre THG-Emissionen drastisch zu reduzieren, um schnellstmöglich klimaneutral zu werden.
Der Einstieg in diese maritime Energiewende ist nur mit der Nutzung von LNG als maritimen Treibstoff zu erreichen, was heute als ausgereifte und sofort einsetzbare Technologie bereitsteht – zunächst fossil, zunehmend aber auch regenerativen Ursprungs. Somit sind die heute notwendigen Investitionen in eine LNG-Infrastruktur ebenfalls eine Grundvoraussetzung für eine zukünftig klimaneutrale Schifffahrt, da diese Infrastruktur zukünftig für die Nutzung von regenerativem LNG zur Verfügung stehen muss.
Als fossiles LNG ist dies ein maritimer Treibstoff, der aufgrund seiner geringen Luftschadstoffemissionen massiv zur Luftreinhaltung beitragen kann. Als regenerativer und damit klimaneutraler Treibstoff sollte es Grundbestandteil einer ambitionierten Klimaschutzpolitik für den Schifffahrtssektor sein, die die Einhaltung der Ziele des Pariser Klimaschutzabkommens fest im Blick hat.
7. Quellennachweise
Köhler, Jonathan; Kirsch, Daniela; Klukas, Achim; Timmerberg, Sebastian; Kaltschmitt, Martin (2018): Studie über die Marktreife von Erdgasmotoren in der Binnen- und Seeschifffahrt. Wissenschaftliche Beratung des BMVI zur Mobilitäts- und Kraftstoffstrategie. Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur. Karlsruhe. (https://www.bmvi.de/SharedDocs/DE/Anlage/MKS/studie-marktreife-erdgasmotore-schifffahrt.pdf?__blob=publicationFile)
NGVA (2017): Europe: Natural gas: a key solution for transport – An introductory note to: Greenhouse Gas Intensity of Natural Gas –Final Report; 2017, Brüssel. (http://ngvemissionsstudy.eu/)
Ricardo-AEA et al. (2013): Support for the impact assessment of a proposal to address maritime transport greenhouse gas emissions.) (https://ec.europa.eu/clima/sites/clima/files/transport/shipping/docs/ghg_maritime_report_en.pdf)
Delft (2013): Ruud Verbeek, Norbert Ligterink, Jan Meulenbrugge, Gertjan Koornneef (TNO); Pieter Kroon, Hein de Wilde (ECN); Bettina Kampmann, Harry Croezen, Sanne Aarnink(CE Delft): Natural gas in transport–An assessment of different routes; Report; Mai 2013. (https://www.cedelft.eu/en/publications/1414/natural-gas-in-transport)
Potential ways the gas industry can contribute to the reduction of methane emissions – Report for the Madrid Forum (5 -6 June 2019) (https://ec.europa.eu/info/sites/info/files/gie-marcogaz_-_report_-_reduction_of_methane_emissions.pdf)
Der Klimaschutzplan 2050 – Die deutsche Klimaschutzlangfriststrategie, siehe: https://www.bmu.de/themen/klima-energie/klimaschutz/nationale-klimapolitik/klimaschutzplan-2050/
International Maritime Organization (2018), Initial IMO Strategy on reduction of GHG emissions from ships (siehe: http://www.imo.org/en/MediaCentre/HotTopics/GHG/Pages/default.aspx)
International Maritime Organization (2015), Third IMO GHG Study 2014, siehe: http://www.imo.org/en/OurWork/Environment/PollutionPrevention/AirPollution/Documents/Third%20Greenhouse%20Gas%20Study/GHG3%20Executive%20Summary%20and%20Report.pdf
8. Über die Maritime LNG Plattform
Seit 2014 setzt sich die Maritime LNG Plattform für die Etablierung von LNG als Alternativkraftstoff in der See- und Binnenschifffahrt sowie zur Landstromnutzung ein: Dabei geht es vor allem um eine positive und marktgerechte Gestaltung der Rahmenbedingungen für die Nutzung von LNG im maritimen Sektor. Mit rund 100 nationalen und internationalen Mitgliedern und Partnern, darunter Häfen, Reedereien, Motorenhersteller, Logistikunternehmen, Infrastrukturbetreiber, Gaslieferanten, Technologiekonzerne, Klassifizierungsgesellschaften, Werften sowie Schifffahrts- und Umweltverbände, wirkt die Maritime LNG Plattform erfolgreich als Vermittler zwischen Wirtschaft und Politik. Im konstruktiven und pragmatischen Dialog arbeitet die Plattform eng mit dem Bundesministerium für Verkehr und Digitale Infrastruktur (BMVI) und dem Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) im Rahmen der Entwicklung einer LNG-Strategie für den maritimen Sektor in Deutschland zusammen.
Weitere Informationen zur Maritimen LNG Plattform finden Sie unter: www.lng-info.de
Kontakt
Georg Ehrmann/Tessa Rodewaldt
Geschäftsführung
E-Mail: ehrmann(at)lng-info(dot)de und rodewaldt(at)lng-info(dot)de
20190618_Positionspapier Maritime LNG Plattform_LNG für die Schifffahrt_Klimaschutz